Heckmann, Herbert: Benjamin und seine Väter


Genre: Roman

Kurzbeschreibung:
Benjamin Weis erblickt 1919 in Frankfurt als Sohn der ledigen Kanzleigehilfin Anna das Licht der Welt, vom Vater fehlt jede Spur. Der Anwalt Fritz Bernoulli nimmt sich der jungen Familie an, stellt Wohnung und Unterhalt zur Verfügung. So wächst Benjamin trotz der widrigen Umstände behütet in der Bergerstraße heran. Er taucht ein in die Welt von Don Quijote und Robinson Crusoe und erlebt mit seinen Freunden kleine und große Abenteuer. Doch da seine Mutter auf seine Fragen nach dem Vater ausweichend mit Märchen antwortet, muss sich Benjamin eben selbst immer neue Väter erfinden. Heckmann zeichnet ein Panorama der zwanziger und dreißiger Jahre in Deutschland aus der Perspektive eines Kindes, das sich auf viele Dinge keinen Reim machen kann. Warum sein Ziehvater als Vaterlandsverräter beschimpft wird, warum niemand einschreitet, als ein angeblicher Kommunist auf der Straße zusammengeschlagen wird, warum sein jüdischer Freund nach Amerika auswandern muss, auf diese Fragen erhält der jugendliche Benjamin immer noch keine Antworten. Und so lautet sein Fazit: »Ich scheiße auf alle Väter, die uns ein solches Leben eingebrockt haben.«

Meine Einschätzung:

Sofern der ausgewählte Roman halbwegs zu meinen Leseinteressen paßt, lese ich gerne mit, wenn es einmal im Jahr heißt: „Frankfurt liest ein Buch“. Ungefähr vier Wochen lang gibt es dann passend zu dem jeweiligen Buch in ganz Frankfurt Lesungen, Stadtführungen, Ausstellungen, etc..
Der Klappentext des Romans klang auch zunächst recht vielversprechend, aber letztendlich habe ich das Buch enttäuscht und etwas genervt zugeklappt. Es ging mir ähnlich wie mit „Raumpatroille“: mich interessiert die Gedanken- und Erlebniswelt kleiner Jungs nicht die Bohne. Mal büchst der 7 jährige Benjamin aus, um nach Amerika zu laufen und kommt bis zur Hauptwache oder er klaut als Mutprobe den Hut eines Obdachlosen. Äh -ja. Der Unfalltod der Mutter und die Reaktionen des Sohnes beschreibt der Autor so wenig einfühlsam, dass mir der Charakter Benjamin immer unsympathischer wurde. Die interessanten Aspekte der Geschichte, z.B. die Freundschaft Benjamins zu einem jüdischen Jungen oder auch der intellektuelle Freundeskreis des Adoptivvaters werden vom Autor nur erwähnt, aber komplett unkommentiert gelassen. Das fand ich schade.
Ich habe auch eine Lesung zum Buch besucht und muß leider sagen, dass das die schlechteste Lesung war, die ich mir seit langem anhören mußte. Der Vorleser hatte das Buch überhaupt noch nicht gelesen, sondern hat einfach vorne angefangen, konnte die Zitate auf Latein nicht ordentlich vorlesen und hat überhaupt so genuschelt, dass man teilweise überhaupt nichts verstanden hat. Nur die frankfurterisch eingefärbten Dialoge hat er gut vorgetragen. Zur Krönung hat er am Ende noch DIE Schlüsselszene des Buches vorgelesen, so dass alle, die das Buch noch nicht gelesen hatten, Bescheid wußten. So was Dämliches habe ich ja noch viel erlebt!!! Grmpf.

Mein Fazit:
Meinen Lesegeschmack hat „Benjamin und seine Väter“ überhaupt nicht getroffen, aber wer sich gut und gerne in kleine Jungs hineinversetzen möchte und sich für eine Kindheit in Frankfurt in den 20igern und 30igern interessiert, könnte Gefallen an diesem Roman finden.

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